Diabetesbehandlung mit Tabletten
Solange noch ausreichend Insulin produziert wird, erhalten Diabetespatienten Tabletten, um eine ausreichende Blutzuckerregulierung zu erreichen.
Welche Medikamente den Stoffwechsel am wirksamsten kontrollieren und Folgeerkrankungen des Diabetes vermeiden, wird seit Jahrzehnten erforscht. Neue Diabetesmedikamente müssen den Beweis erbringen, dass sie diese Anforderungen erfüllen, damit sie in die Versorgung gelangen und von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt werden. Auch die Behandlungsleitlinien orientieren sich bei den Empfehlungen an solchen internationalen Studien. So können Sie sicher sein, dass Sie die bestmögliche medikamentöse Therapie erhalten.
Mit welchen Medikamenten gestartet wird und wie die Therapie angepasst werden kann, ist in diesen Leitlinien und auch in AOK Curaplan Diabetes mellitus Typ 2 genau beschrieben.
Den Wirkstoff Metformin, verschiedene Sulfonylharnstoffe und weitere Antidiabetika stellen wir Ihnen in unseren Vertiefungsthemen unten auf dieser Seite vor. Mehr über die Diabetestherapie mit Insulin erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
Vertiefungsthemen
Der Blutzuckersenker der ersten Wahl bei Typ-2-Diabetes ist Metformin. Mit diesem Wirkstoff haben Ärztinnen und Ärzte seit Langem Erfahrungen gesammelt und Millionen Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 erfolgreich behandelt. Studien bescheinigen dem Medikament eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit. Ebenfalls belegt ist, dass sich diabetesbedingte Langzeitschäden durch eine Behandlung mit Metformin verhindern lassen.
Metformin macht die Zellen gegenüber Insulin empfindlicher und korrigiert damit die wichtigste Störung beim Typ-2-Diabetes. Gleichzeitig hemmt es die Zuckerproduktion in der Leber und möglicherweise auch die Glukose-, also Zuckeraufnahme im Darm und lässt so den Blutzuckerspiegel sinken. Und das rund um die Uhr bei einmaliger Gabe am Tag. Außerdem führt die Einnahme von Metformin nicht zu einer Gewichtszunahme und verursacht keine Unterzuckerungen. Im Fall eines schweren Nieren- oder Leberschadens darf Metformin allerdings nicht angewendet werden.
Sulfonylharnstoffe wie Glibenclamid und Gliclazid sind eine Alternative für Menschen, die Metformin nicht einnehmen dürfen oder nicht vertragen. Auch zu diesen Medikamenten gibt es einen reichen Erfahrungsschatz, da sie schon lange eingesetzt werden. Insbesondere für Glibenclamid konnte in einer großen Studie (UKPDS) eine breite Wirksamkeit hinsichtlich der Vermeidung diabetestypischer Folgeerkrankungen und plötzlichem Tod nachgewiesen werden. Bei den Medikamenten gibt es jedoch auch einiges zu beachten: Sie regen die Bauchspeicheldrüse an, mehr Insulin zu produzieren. Die Menge des freigesetzten Insulins hängt dabei nicht vom Bedarf des Körpers ab, sondern von der Höhe der Dosis. Patienten oder Patientinnen, die versehentlich eine zu hohe Dosis einnehmen und sich körperlich stark anstrengen oder zu wenig Kohlenhydrate essen, haben darum ein erhöhtes Unterzuckerungsrisiko. Sie müssen als erkrankter Mensch also auf einige Dinge achten, wenn Sie die gut wirksamen Sulfonylharnstoffe einnehmen. Medikamentendosis und Essensmenge müssen aufeinander abgestimmt sein, das beugt auch der Gefahr einer Gewichtszunahme vor. Glibenclamid und Gliclazid sind daher besonders gut für Menschen mit Diabetes geeignet, die einen regelmäßigen Tagesablauf mit festen Mahlzeiten haben. Schwangere sollen grundsätzlich nicht mit Sulfonylharnstoffen behandelt werden.
Ihr Arzt oder Ihre Ärztin hat weitere Antidiabetika zur Auswahl, wenn Sie zum Beispiel Metformin nicht vertragen oder wenn ein anderes Medikament aufgrund Ihres persönlichen Krankheitsbildes fsinnvoll erscheint. Manchmal reicht die Therapie mit einem einzigen Antidiabetikum nicht aus, um das HbA1c-Ziel zu erreichen. Dann kann eine Kombination mehrerer Antidiabetika helfen, den Blutzucker besser zu kontrollieren. Dabei sollte der mögliche Nutzen des Medikaments gegen den möglichen Schaden sorgfältig abgewogen werden.
Nutzen und Risiken verschiedener Diabetesmedikamente
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SGLT-2-Hemmer senken den Blutzucker, indem sie die Ausscheidung von Zucker mit dem Urin steigern. Empagliflozin ist ein SGLT-2-Hemmer, der in Studien ein günstiges Nutzen-Risikoverhältnis für Diabetespatienten zeigen konnte, die gleichzeitig Medikamente gegen eine Herz-Kreislauf-Erkrankung einnahmen und ihren Blutzucker sonst nicht wirksam kontrollieren konnten. Bei älteren Menschen ist Vorsicht geboten, da es vor allem bei gleichzeitiger Behandlung mit Diuretika (wassertreibenden Mitteln) zu Kreislaufproblemen bis hin zum Kollaps kommen kann. SGLT-2-Hemmer können Harnwegsinfektionen und insbesondere bei Frauen genitale Infektionen verursachen, da der erhöhte Glukosegehalt im Urin das Wachstum von Mikroorganismen begünstigt. Eine seltene, aber gefährliche Nebenwirkung der SGTL-2-Hemmer ist eine atypische diabetische Ketoazidose.
Bei einer atypischen diabetischen Ketoazidose steigt der Blutzuckerspiegel nicht so hoch an, wie man es normalerweise bei einer Ketoazidose erwartet. Dies erschwert eine schnelle Diagnose und Behandlung. Bereits in den ersten zwei Monaten der Behandlung kann diese Nebenwirkung auftreten. Wachsam sollte man auch bei größeren operativen Eingriffen, niederkalorischen Diäten oder akuten schweren Erkrankungen sein, denn sie scheinen die Gefahr einer atypischen Ketoazidose durch SGTL-2-Hemmer zu steigern.
Wenn Sie dieses Mittel einnehmen, sollten Sie sich der Symptome der diabetischen Ketoazidose bewusst sein. Dazu gehören schneller Gewichtsverlust, Übelkeit oder Erbrechen, Bauchschmerzen, übermäßiger Durst, schnelle und tiefe Atmung, Verwirrtheit, ungewöhnliche Erschöpfung oder Müdigkeit, süßer Geruch der Atemluft, süßer oder metallischer Geschmack im Mund oder ein abweichender Geruch von Urin oder Schweiß. Beim Auftreten eines dieser Symptome konsultieren Sie sofort Ihren Arzt oder Ihre Ärztin. Eine Besonderheit der atypischen Ketoazidose ist auch, dass man im Urin die Ketonkörper oft nicht nachweisen kann, dafür aber im Blut.
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Inkretin-Mimetika (GLP-1-Rezeptoragonisten) werden nicht eingenommen, sondern unter die Haut gespritzt. Bei einigen Substanzen reicht eine Injektion pro Woche aus. Diese Wirkstoffe verbessern die Insulinwirkung nach dem Essen und drosseln die Zuckerproduktion in der Leber. Außerdem hemmen sie den Appetit. Liraglutid ist ein Vertreter dieser Wirkstoffgruppe. Patientinnen und Patienten, die gleichzeitig Medikamente zur Behandlung einer Herz-Kreislauf-Erkrankung erhalten, können von Liraglutid in Kombination mit mindestens einem weiteren oralen Antidiabetikum und/oder mit Insulin profitieren, wenn ansonsten keine zufriedenstellende Blutzuckerkontrolle erreicht wird.
Sonstige:
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Alpha-Glucosidasehemmer hemmen den Abbau von Kohlenhydraten im Darm. Häufige Nebenwirkungen sind Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen. Sie lassen sich durch eine langsame Erhöhung der Dosis zwar mindern, werden aber trotzdem von vielen Patienten als unangenehm empfunden.
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Gliptine (DPP-4-Hemmer) verlängern die Insulinwirkung nach dem Essen. Sie erhöhen nicht das Körpergewicht und verursachen auch keine Hypoglykämien als Nebenwirkung. Dafür können sie aber heftige Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit und Erbrechen auslösen. Des Weiteren eignen sich Gliptine nicht für Menschen, die ein erhöhtes Risiko für eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) haben, unter Karzinomen leiden oder eine Erhöhung des Verdauungsenzyms Lipase im Blut aufweisen. Gliptine stehen außerdem im Verdacht, eine Herzinsuffizienz auslösen zu können.
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Glinide regen, ähnlich wie Sulfonylharnstoffe, die Bauchspeicheldrüse dazu an, mehr Insulin zu produzieren. Auch die Nebenwirkungen der beiden Wirkstoffgruppen (Hypoglykämien, leichte Gewichtszunahme) ähneln sich. Leider gibt es keine Langzeitstudien, um die Wirkung von Gliniden hinsichtlich diabetestypischer Folgeerkrankungen zu bewerten. Auch Studien zur Untersuchung der Effekte auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen fehlen. Insgesamt ist die Studienlage so dürftig, dass der Gesetzgeber festgelegt hat, dass nur der Wirkstoff Repaglinid im Fall einer starken Nierenschwäche zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden darf.